März 4 – Juni 30, 2021

(Online)-Ausstellung »Molecular Minds // Monstrous Matters«

Datum: März 4, 2021, 19:00 Uhr

Dauer: März 4 – Juni 30, 2021

Ort: Online Space

Ort: Technische Sammlungen Dresden

Öffnungszeiten:

Die digitale Version der Ausstellung wird am 4. März 2021 eröffnet.

Das physische Eröffnungsdatum in den Technischen Sammlungen Dresden richtet sich nach der Sächsischen Corona-Schutz-Verordnung. Derzeit sind die Technischen Sammlungen Dresden geschlossen.

Die Ausstellung Molecular Minds // Monstrous Matters versammelt Arbeiten von sechs Künstler*innen und ehemaligen Stipendiat*innen der Akademie Schloss Solitude. Ihre Beiträge setzen sich mit heteronormativen Weltbildern rund um Bewusstseinsforschung, maschinelles Lernen, künstliche Intelligenz und Selbsterfahrung auseinander und hinterfragen diese kritisch.

Wie ein vernetztes Gedächtnis entfaltet sich Molecular Minds // Monstrous Matters zwischen dem eigenen Online-Raum und der Präsentation im Rahmen der Ausstellung Mind Over Matter  in den Technischen Sammlungen Dresden. Die gezeigten Arbeiten erkunden Themen der vom Netzwerk Medien Kunst Dresden kuratierten Ausstellung aus einem spekulativen, feministischen und dekolonialen Blickwinkel.

Im Dialog mit Mind over Matter thematisieren die künstlerischen Interventionen Mechanismen von Macht, Ausgrenzung und Unterdrückung, die häufig in Konzepten verschlüsselt lauern, die digitalen Technologien zugrunde liegen. Dabei nutzen sie das digitale Medium auch, um alternative Visionen für eine gemeinsame Zukunft zu entwerfen, die nicht ausschließlich weiß oder westlich ist.

Die Künstler*innen von Molecular Minds // Monstrous Matters erforschen die Kraft einer kollektiven Intelligenz, die vom technologisch Erhöhten zum Monströsen, vom Anzestralen zum Futuristischen, vom Molekularen zum Planetarischen und vom Menschlichen zum Nichtmenschlichen reicht. Mit visionärer Weit- und Weltsicht erschließen sie die digitale Sphäre als einen Raum, der Verantwortung miteinschließt; die Verantwortung auf festgeschriebene Machtstrukturen zu antworten und dabei an jene zu denken, denen das Zurücklassen, das Vergessen oder gar die Auslöschung droht.

In Nora Al-Badris Babylonian Vision generiert ein vortrainiertes, neuronales Netzwerk das sogenannte techno-heritage. Dieser spekulative Ansatz zur Archäologie basiert auf der algorithmischen Neukombination von Bildern mesopotamischer, neosumerischer und assyrischer Artefakte. Diese wurden durch Webcrawling und Scraping digitaler Sammlungen von fünf bedeutenden Museen gesammelt. Aus diesem Prozess entstehen KI-gesteuerte Objektvisionen, die wie das Unterbewusstsein eines kollektiven Gedächtnisses wirken. Der gewaltsamen kolonialen Patina, die einen Großteil des kulturellen Verlustes in den Regionen des heutigen Irak verhüllt, wird so eine fiktive, generative und zukunftsorientierte Objektproduktion entgegengesetzt.

Akademie Schloss Solitude - (Online)-Ausstellung »Molecular Minds // Monstrous Matters«

Akademie Schloss Solitude - (Online)-Ausstellung »Molecular Minds // Monstrous Matters«

Jan Nikolai Nelles verleiht dem enthaupteten Buddha eine Stimme. Die Köpfe unzähliger Figuren wurden nicht nur gewaltsam von den jeweiligen Körpern getrennt, sondern auch aus ihrem kulturellen Kontext gerissen. Das Haupt wird zum Objekt des kulturellen Fracking, der gewaltsamen Enteignung von kulturellem Erbe, die den Subtext vieler Museumssammlungen des globalen Nordens bilden. Begleitet von der eigenen Erfahrung des Künstlers beim Besuch von Angkor Wat wurden Nelles‘ 3D-Datenobjekte durch KI-gestützte Way-Point-Technologie und Photogrammetrie generiert. Sie machen die mathematischen Bilder und den unsichtbaren Raum von KI- und MI-Systemen sichtbar. In dieser poetischen Verortung des Buddhas und seiner Biografie versucht Nelles die spirituelle Figur aus dem Konzept der Weltkultur zu befreien und dekonstruiert dabei die Fiktion, die den dominanten institutionellen Erzählungen innewohnt.

Rasheedah Phillips (Black Quantum Futurism) befasst sich mit den temporalen Erfahrungen von Womxn of Colour, Femmes, Mädchen sowie nichtbinären Personen und der Art und Weise, wie sie aktiv aus technologisch getriebenen Konzepten von Zukunft gelöscht werden. Ihr Black Womxn [Web] Temporal Portal reflektiert die algorithmische Modellierung einer scheinbar singulären, objektiven und linearen Zukunft, die die westlichen Gesellschaften dominiert. Die Arbeit wirkt unterdrückerischen Regimen entgegen, indem sie das digitale Medium nutzt, um ein nachhaltiges, intersektionales und lebendiges Archiv zu entwerfen. Black Womxn [Web] Temporal Portal bringt die koloniale Vorstellung von linearem Raum und Zeit zum Einsturz, um ein Zeitbewusstsein erfahrbar zu machen, in dem die Gegenwart die Zukunft durchdringt und Zukunft wie Vergangenheit durch die Gegenwart fließen.

Akademie Schloss Solitude - (Online)-Ausstellung »Molecular Minds // Monstrous Matters«

Akademie Schloss Solitude - (Online)-Ausstellung »Molecular Minds // Monstrous Matters«

Johanna Bruckner wendet ihren künstlerischen Blick auf den menschlichen Körper sowie dessen zunehmende Durchdringung durch Technologie und KI-Systeme. In ihrer Arbeit Atmospheric Drafts of Intimacy verschmelzen, verflüchtigen und verdampfen Körper mit ihrer Umgebung. Vor dem Hintergrund der post-industriellen Umgebung ist der menschliche Maßstab zugunsten von Aggregatzuständen aufgegeben worden. Der Körper ist nunmehr eine modulare Ware, ein kulturelles Artefakt. Bruckners filmische Collage schärft unsere Sinne für Welten, in denen Menschen mit nicht menschlichen Körpern verbunden sind und so neue Körperrealitäten bilden. Die Arbeit hinterfragt damit nicht nur, was es in unserer technologischen Gegenwart bedeutet, einen Körper zu haben oder ein Körper zu sein. Sie wird vielmehr zu einem Plädoyer für die Vorstellungskraft, zu einem Katalysator, der Infrastrukturen ermöglicht und der uns hilft, die zunehmend synthetische Ordnung dieser Welt in einer nicht allzu fernen Zukunft zu verorten.

Auch Natasha Tontey erforscht in Pest to Power/Hama Memberkati die Gegenwart und Zukunft von nicht-menschlichen Netzwerken. Im Zentrum der Arbeit steht der Kosmos einer Kakerlake – ein Tier, von dem der Mensch viel lernen kann. Als eine Spezies, die Massenaussterben und epochale Transformationen überlebt hat und überleben wird, positioniert Tonteys Arbeit die Kakerlake als eine reiche Quelle für alternative Konzepte nicht-menschlicher Intelligenz und Wissenssysteme. Ihre fiktionale, quasi-wissenschaftlich Suche feiert die Idee einer ökozentrischen Verwandtschaft. Im Prozess des Denkens und Modellierens der (KI-)Systeme unserer Zukunft, drängt sie den Menschen zu einem Akt des Umlernens.

Akademie Schloss Solitude - (Online)-Ausstellung »Molecular Minds // Monstrous Matters«

Akademie Schloss Solitude - (Online)-Ausstellung »Molecular Minds // Monstrous Matters«

In ähnlicher Weise schlägt Miriam Simuns Your Urge To Breath Is A Lie aus ihrer Serie Training Transhumanism (I Want To Become A Cephalopod) nicht eine Maschine als evolutionäres Vorbild für menschliche Optimierung vor, sondern einen Kopffüßer. Ihr in Zusammenarbeit mit luciana acugar entwickeltes Video instruiert psycho-physische Regime zur Erweiterung der menschlichen Möglichkeiten, die auf den Fähigkeiten des Kopffüßers basieren. Angesichts des rasanten ökologischen und technologischen Wandels plädiert ihre Arbeit für eine mehr-als-menschliche Intelligenz. Sie schlägt dezentralisierte Wissensnetzwerke vor, die zu einer anderen Lesart unserer Gegenwart beitragen können, zu einer anderen Art, die Welt zu sehen und in ihr zu leben.

Kuratiert von Mara-Johanna Kölmel für das Programm Digital Solitude der Akademie Schloss Solitude
Online Space von parmon
Design/Grafik von Stephan Thiel und Anne Lippert
Ausstellungsarchitektur von Atelier Adhoc Arhitectura (George Marinescu und Maria Daria Oancea)
Sound »A Scattering of Spiral and Elliptical Galaxies« von Lamin Fofana

Ein besonderer Dank gilt Thomas Dumke, Denise Sumi, Andreas Ullrich und den Teams der Akademie Schloss Solitude und der Technischen Sammlungen Dresden.

Das hybride Ausstellungsprojekt Molecular Minds // Monstrous  Matters ist Teil der Ausstellung Mind over Matter des Netzwerk | Medien | Kunst Dresden und wird in Kooperation mit dem Programm Digital Solitude der Akademie Schloss Solitude durchgeführt.
Förderer: Kulturstiftung des Freistaates Sachsen und Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg
Kooperationspartner*innen: Netzwerk | Medien | Kunst Dresden des friendsofDresdenContemporaryArt e.V. (DCA) in Kooperation mit dem Programm Digital Solitude der Akademie Schloss Solitude
Veranstaltungsort: Technische Sammlungen Dresden sowie Online

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