Feb 20, 2023

Der zweite Teil des Austauschprogramms zwischen Namibia und Deutschland startet in Windhoek

Seit 2020 organisiert die Akademie Schloss Solitude in Kooperation mit der National Art Gallery of Namibia und dem Goethe-Institut Namibia das bilaterale Austauschprogramm zwischen Deutschland und Namibia im Rahmen der Namibia-Initiative des Landes Baden-Württemberg. Mit dem Residenzprogramm wollen die drei Partner einen langfristigen künstlerischen und kulturellen Austausch zwischen Namibia und Deutschland etablieren.

Banu Çiçek Tülü und Miriam Chebabai Koch mit Mitarbeiter*innen der National Art Gallery of Namibia.
Von links nach rechts: Deon Keib (NAGN), Miriam Chebaibai Koch, Ndasuunje PAPA Shikongeni, Lecturer at College of the Arts (COTA), Banu Çiçek Tülü, Munigandu Hoveka (NAGN), Ndeenda Shivute Nakapunda (NAGN), Lesley Kuruuo (NAGN). Foto: National Art Gallery of Namibia

Banu Çiçek Tülü und Miriam Chebabai Koch mit Mitarbeiter*innen der National Art Gallery of Namibia. Von links nach rechts: Deon Keib (NAGN), Miriam Chebaibai Koch, Ndasuunje PAPA Shikongeni, Lecturer at College of the Arts (COTA), Banu Çiçek Tülü, Munigandu Hoveka (NAGN), Ndeenda Shivute Nakapunda (NAGN), Lesley Kuruuo (NAGN). Foto: National Art Gallery of Namibia

Der erste Teil des Programms beinhaltete den viermonatigen Aufenthalt der namibischen Stipendiat*innen Vitjitua Ndjiharine, Hage Nasheotwalwa Mukwendje, Nesindano »Ques« Namises (2021) sowie Chantal Magano Kambrude, Keith Vries und Isabel Tueumuna Katjavivi (2022) in Stuttgart. Nun heißen die Akademie Schloss Solitude, die National Art Gallery of Namibia und das Goethe-Institut Namibia die in Berlin lebenden Künstlerinnen Banu Çiçek Tülü und Miriam Chebaibai Koch in Windhoek willkommen.

Im Rahmen ihres Stipendiums in Namibia wird Banu Çiçek Tülü, Künstlerin, Forscherin, DJ und Produzentin elektronischer Musik, mithilfe verschiedener Klangmethoden untersuchen auf welche Weise sich der Kolonialismus auf Klangarchive und ihre räumliche Präsentation auswirkt.

»In Namibia erinnere ich mich an viele Gefühle und Erlebnisse aus der Südosttürkei, wo ich ursprünglich herkomme. Die Kultur und der Alltag finden einen Widerhall in mir, auch wenn die Klanglandschaft eine völlig andere ist. Ich kann die gleichen Schwingungen spüren, wenn ich mit großartigen Musiker*innen zusammenarbeite, die ein Klangverständnis auf einer übergeordneten Ebene haben, wenn sie Sprache und Stimme für Heilungsprozesse in unterschiedlichen Völkern gebrauchen.« (Banu Çiçek Tülü)

Die Arbeit der politisch aktiven Künstlerin und psychosozialen Beraterin Miriam Chebaibai Koch konzentriert sich auf die Auseinandersetzung mit der Dekolonisierung und Darstellung Schwarzer Realitäten und deutscher Dissonanzen. Sie wird in ihrer Stipendienzeit in Namibia eine multimediale Installation entwickeln, die untersucht, welche Faktoren zu einer afrofuturistischen Vision von Wiedergutmachung beitragen können. Beide Künstlerinnen bleiben bis Ende März 2023 in Namibia.

»Als Deutsch-Kenianerin fühlt sich Namibia in vielerlei (manchmal verzerrter) Weise vertraut an. Ich bin dankbar, eine so starke panafrikanische Verbindung zu spüren und etwas über die Geschichte, Strukturen und Kämpfe dieses Schmelztiegels von einem Land zu erfahren und mich mit unglaublichen Künstler*innen und Aktivist*innen zu treffen.« (Miriam Chebaibai Koch)

Das Residenzprogramm ist eingebettet in eine zweiteilige Workshop-Reihe, kuratiert von der namibischen Historikerin und Künstlerin Memory Biwa, die im Juli 2023 in Namibia und im Oktober 2023 in Deutschland stattfinden wird. Anknüpfend an die Arbeit von Memory Biwa, deren Forschung sich auf den Kolonialkrieg und den Völkermord in Namibia sowie mit transnationalen Gedenk- und Wiedergutmachungsprozessen befasst, werden die Workshops unter anderem die Frage aufgreifen, in welchem Verhältnis die Arbeit von Künstler*innen heute zu Restitutionsprozessen stehen kann.

SWR Filmdokumentation
Eine Filmdokumentation des SWR über die Erfahrungen der namibischen Stipendiat*innen an der Akademie Schloss Solitude in den Jahren 2021 und 2022 kann unter folgendem Link eingesehen werden: »Kulturaustausch Deutschland – Namibia«. Neben Interviews mit den Künstler*innen Vitjitua Ndjiharine, Hage Nasheotwalwa Mukwendje und Nesindano »Ques« Namises zeigt die Dokumentation die Arbeit »WE ALL BLEED R.E.D. (Remembering Every Drop)« der multidisziplinären Künstlerin Chantal Magano Kambrude, die mit Textilien und Ton die Geschichte des Nama(qua)/Herero-Genozids in Namibia durch das Deutsche Kaiserreich in den Jahren von 1904 bis 1908 nacherzählt. Der Film zeigt auch das Performance-Stück »The Story of a Forgotten Genocide« des Dichters, Schriftstellers und Performers Keith Vries, der Poesie als primäres Vehikel nutzt, um das Publikum in Namibia und Deutschland über den Völkermord in Namibia zu informieren. Seine Gedichte, die über einen Zeitraum von zehn Jahren geschrieben wurden, basieren auf historischen Texten und Büchern über den Völkermord, und zielen darauf ab, die akademischen Texte in eine zugängliche Erfahrung umzuwandeln, die die Ereignisse dieses Jahrzehnts entmystifiziert.

Das gesamte Projekt wird finanziert vom Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg im Rahmen der Namibia-Initiative des Landes Baden-Württemberg.

In Kooperation mit der National Art Gallery of Namibia und dem Goethe-Institut Namibia.